Digitale Inklusion bei der Post-App

Wolfgang Eger, CIO und Mitglied der Geschäftsleitung der Post gibt einen Einblick in das tägliche Bestreben der Post, ihre Apps und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Diese Aufgabe ist komplex, es gehört aber zum Selbstverständnis der Post, dass alle Menschen ihre Dienstleistungen und Tools nutzen können.

Barrierefreiheit ist wichtiger denn je, denn Menschen mit Behinderungen sind regelrechte Power User von neuen Technologien und mobilen Apps, die ihnen das Leben erleichtern. Doch das funktioniert nur, wenn die Tools auch barrierefrei sind. Das gilt auch für die Post-App. Doch wie kann man die Post-App überhaupt gesamtheitlich barrierefrei entwickeln?

Digitale Infrastrukturen, Datensicherheit, Onlinehandel und Logistikketten werden zunehmend zu Motoren für die Wettbewerbsfähigkeit und die Wohlfahrt der Schweiz. Darum wächst die Post künftig auch in diesen Bereichen und richtet ihre Angebote konsequent auf das aus, was die Kundinnen und Kunden künftig benötigen. Dabei sollen die digitalen Dienstleistungen der Post allen zugänglich sein: vom Automaten über die Webpage bis hin zur Smartphone App. Und gerade diese wollen wir möglichst nah an unsere Kundinnen und Kunden bringen und mit unserer eigenen internen Accessibility-Fachstelle barrierefrei weiterentwickeln.

Wie wir das Thema der Barrierefreiheit bei uns implementieren

Zuerst einmal muss die Grundlagendisziplin stimmen: die Diversität der Teams. Nur wer divers arbeitet, kann die unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen einbinden. Dazu gehören auch Mitarbeitende mit Sehschwächen oder Autismus. Für uns als Post mit Dienstleistungen und Produkten für die gesamte Schweizer Bevölkerung ist eine diverse Kraft in unseren Teams unabdingbar.

Hinzu kommt die richtige Technologiewahl. Gerade mobile Endgeräte haben einen kleinen Bildschirm, wodurch es entsprechende Lese-/Höralternativen braucht, die intuitiv und erprobt sind. Gleichzeitig müssen die Tools auch den Ansprüchen an User Design genügen. Denn was wir nicht wollen, ist eine barrierefreie «Zweitwelt»-App.

Dabei geht es um viel mehr als nur um das «Look & Feel» einer App – die Prozessabläufe und die Integration in die dahinterstehenden Systeme müssen auch geprüft und angepasst werden. Dazu gehört zum Beispiel ein Prozessablauf mit einem Wechsel in eine andere App, was für einen barrierefreien Ansatz kein gutes Erlebnis ist.

Das wohl Wichtigste ist und bleibt die permanente Verbesserung und die Einbindung von Rückmeldungen. Die Technologien verändern sich sehr rasch. Das eröffnet auch immer wieder neue Möglichkeiten. Dabei hat sich die klassische «User Experience» in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt – die «barrierefreie» User Experience ist verhältnismässig noch sehr jung.

Aber auch Lieferanten müssen berücksichtigt werden. So sind wir mit der Post-App Anfang Sommer 2023 auf eine neue Technologie (.net Maui) umgestiegen und wir sind dabei auf die Technologie-Lieferanten angewiesen. Der Open Source Framework ist zwar schon sehr gut ausgebaut und zukunftsorientiert. Wir gehen aber auch davon aus, dass in Zukunft noch einige Optimierungen vorgenommen werden können. Das gleiche gilt für die SwissID-App unserer Tochtergesellschaft SwissSign, die wir im Herbst auf eine neue Technologie umstellen werden.


Schritt für Schritt Komplexität reduzieren

Die Post vereint in ihrer «Mantel»-App diverse Dienste, die voneinander unabhängig sind, jedoch alle am gleichen Ort aufgefunden werden können. All diese Dienstleistungen wurden historisch bedingt mit unterschiedlicher Software/Technologie entwickelt. Für die technische Ausgestaltung heisst das, dass jede bestehende und neue Dienstleistung einzeln auf Barrierefreiheit geprüft und wo nötig weiterentwickelt werden muss.

Wir konzentrieren uns auf das Hier und Jetzt. Man soll «on the go» einfach, schnell und überall mit der Post oder mit Informationen und Dienstleistungen der Post interagieren können.

In ihren ersten Versionen im Jahr 2010 umfasste die Post-App lediglich die Standortsuche und die Abfrage der Filial-Öffnungszeiten. Heute vereint die App über zehn der meistgenutzten Onlinedienste der Post – so zum Beispiel die direkte Frankierung von Briefen und Paketen, die Sendungsverfolgung, die Sendungssteuerung, die integrierte Scannersoftware, die Bedienung von My Post 24-Automaten oder auch das Managen von Abholungseinladungen. Natürlich wollen wir die Post-App auch laufend ergänzen, womit auch gleichzeitig die Komplexität stark ansteigt. Etliche Schnittstellen im Hintergrund müssen performant sein – bei gleichzeitig steigenden Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer: So werden Wartezeiten von 2–3 Sekunden nicht akzeptiert. Ausserdem müssen die Daten der Post-App jeden Tag rund um die Uhr verfügbar sein, d. h. Wartungsfenster müssen angekündigt werden und dürfen nur sehr kurz sein.

Und wie sieht es mit der Barrierefreiheit der Post-App aus?

Wir arbeiten täglich an diesem Thema. Uns stellt sich beispielsweise bereits die Frage, wie es blinde Personen schaffen, auf einer Paketetikette den richtigen von mehreren Codes zu scannen, oder wie sie den Standort eines My Post 24-Automaten finden, sich in einer Filiale der Post orientieren oder den Ticketautomaten finden können.

Es ist unser Ziel, unsere digitalen Zugangspunkte möglichst von Beginn weg WCAG-konform und barrierefrei auszugestalten. Die Post-eigene Accessibility-Fachstelle ist dazu in stetigem Austausch mit Accessibility-Prüfinstituten. Sie führen regelmässige Expert Reviews durch, bei denen auch die Post-App immer wieder überprüft wird. Durch die langjährige Zusammenarbeit mit unserer Prüf- und Zertifizierungsstelle «Zugang für alle» und mit direkt betroffenen Menschen können wir uns stets verbessern.

Gemachte Befunde werden analysiert und weitergegeben. Kleinere Probleme wie zum Beispiel Kontraste, Farben, Lese-Flow usw. werden im Sinne von QuickWins rasch behoben. Komplexere Verfehlungen, die strukturelle Umbauten mit sich bringen, benötigen grössere Vorlaufzeiten. Hier sind unsere Entwicklerinnen und Entwickler gefordert, das Beste mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen, dem Know-how und den finanziellen Mitteln zu erreichen.

Dabei kommt es auch vor, dass sich Dienstleistungen oder Lösungen innerhalb der Post-App nur sehr schwer oder gar nicht barrierefrei anbieten lassen, da z. B. Bilder und Dokumente von Schadenfällen involviert sind  oder bei spezifischen Briefmarken Filme abgespielt werden können.

Solange die Post-App weiterentwickelt wird, wird uns auch die Aufgabe begleiten, die App zu einem möglichst durchgängig barrierefreien Instrument zu machen.

Über den Autor

Wolfgang Eger

Wolfgang Eger ist CIO der Schweizerischen Post AG und Mitglied der Konzernleitung. Er leitet seit 2019 den Bereich Informatik/Technologie und wurde per 1. Januar 2022 Konzernleitungsmitglied.